Vor knapp einem Jahr war es wieder soweit, die Viersener Verwaltung stellte den weiteren Bestand der Realschule an der Josefkirche in Frage und stieß somit eine politische Diskussion zu einer möglichen Schulschließung in Viersen an. Auslöser dafür waren zwei Komponenten: der Schulentwicklungsplan (SEP) und die mögliche Dependance der Primusschule.
Zur Erinnerung:
Nach Schließung der Grundschule Dülken-Busch und nachfolgendem Auslaufen der Kreuzherrenschule in der Dülkener Innenstadt, musste ein neuer Grundschulstandort geschaffen werden. Gleichzeitig stand damals die Hauptschule Ost zur Debatte, die sinkenden Schülerzahlen machten einen weiteren Erhalt der Hauptschule an diesem Standort unmöglich. Was blieb war, die Hauptschule in Süchteln für den Schulstandort Viersen zu erhalten und ein Versuch der damaligen Landesregierung – PRIMUS. Ein Schulversuch zum längeren gemeinsamen Lernen. Eine neue Form einer gleichzeitigen Grundschule und Pri- marschule. An fünf Schulen in NRW wird erprobt, in welcher Weise die Arbeit der Grundschulen in die der weiterführenden Schulen einbezogen werden kann. Die Schüler/innen haben somit die Möglichkeit vom ersten bis zum zehnten Schuljahr gemeinsam die Schuljahre unter Obliegenheit des besonderen päd- agogischen Konzeptes zusammen zu bleiben. Eingerichtet ab dem Schuljahr 2013/14 im Gebäude der ehemaligen Ost-Schule in Dülken. Ab dem 7. Schuljahr sollte zukünftig die Overbergschule als erweiterter Schulstandort etabliert werden. Bis dahin richtete der Kreis Viersen sein Förderschulzentrum West in dem Gebäude ein. Zu dem Zeitpunkt war davon auszugehen, dass die Förderschule – so der Wille der rot-grünen Landesregierung – in NRW nach und nach verschwindet. Ein Irrtum wie wir heute wissen. Denn Eltern lassen sich im Bereich Bildung weniger gerne die rot-grüne Ideologie aufdrücken. Der Förderschulstandort West etablierte sich mit den Jahren, die Schülerzahl sank nicht, – sie stieg wieder an.
Laut des SEP im letzten Jahr würde die Politik in den Folgejahren mit sinkenden Schülerzahlen im Primarbereich konfrontiert werden. Gleichzeitig musste also der zweite Schulstandort für den „Primusversuch“ her. Aufgrund sinkender Schülerzahlen empfahl die Verwaltung also die Schließung der Realschule Viersen.
Die Politik beriet sich intensiv zum Thema und entschied: bitte mehr Information, Vorlage zu dürftig – Alternativen müssen besprochen werden. Der Meinung waren fast alle Fraktionen im Rat – bis auf die Genossen. Diese beschlossen mit Unterstützung der Bürgermeisterin, dass es nun Zeit war das Ende der Hauptschule in Süchteln zu besiegeln und damit das Ende des 3-Gliedrigen Schulsystems in Viersen einzuläuten. Eine fatale Fehlentscheidung wie sich später he- rausstellte. So muss man in dem Zusammenhang betrachten, dass die Hauptschule in Süchteln eine hervorragende pädagogische Arbeit leistet und für viele Schüler/ innen die letzte Chance auf Bildung und nachfolgend Ausbildung ist. Bemerkenswert dabei: alle Schulleiter sind sich einig, dass die Hauptschule nachhaltig eine tragende Rolle in der Viersener Schulstruktur hat, die eine mögliche Individualförderung anbot.
Die CDU hingegen wog ab, verhandelte mit den übrigen Fraktionen und mit einem wichtigen Partner – dem Kreis Viersen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Die Kreisverwaltung dachte ohnehin schon länger über einen Neubau nach. Aufgrund der politischen Lage in unserem Land hat sich die Position der Förderschulen zum Glück wie- der stabilisiert. Sanierung statt Ver- fall im Förderschulbereich ist damit angesagt. Eine Chance, wieder über den Standort Overberg nachzudenken. Nach Verhandlungen hinter den Kulissen war die Sache im November beschlussfähig. Die Schließung einer Schule in Viersen war vom Tisch. Und was sagte der SEP? Die ersten veröffentlichten Zahlen zu den Anmeldungen an den weiterführenden Schulen gaben uns Recht. Alle Schulen, auch die Realschule Viersen, konnten sich frühzeitig über ausreichende Anmeldezahlen freuen. Auch in der Hauptschule wurden mehr Schüler/innen angemeldet als prognostiziert. Es lohnt sich in der Betrachtung auch, die umliegenden Kommunen einzubeziehen und damit die möglichen einpendelnden Schüler/innen in das Schulsystem unserer Stadt. Haben die umliegenden Kommunen nämlich Einbußen in den Schulformen hinnehmen müssen, so können wir weiterhin ein breites Spektrum an Schullandschaften anbieten und das tut uns und unserer Verantwortung als Kreisstadt auch gut. In den kommenden Schuljahren werden wir noch mit stagnierenden Anmeldezahlen rechnen müssen. Aber aufgrund der kommenden geburtenstarken Jahrgängen ab 2020/21 tun wir gut daran, unsere breite Schulstruktur in Viersen zu erhalten und nicht wie manch andere Partei meint, unter dem Deckmantel der politischen Notwendigkeit mir nichts dir nichts durch Vereinheitlichung zu ideologisieren.
Stephan Seidel (Ratsmitglied)